Empathie - Grundbedingung für ein erfülltes & erfolgreiches Leben

Empathie - Grundbedingung für ein erfülltes & erfolgreiches Leben

 

Empathievermögen wird unterschätzt. Von dem ein oder anderen als reines Soft-Skill definiert, das man haben kann, aber nicht haben muss, lehrt uns die Wissenschaft heute anders.


Und das ist gut so. Gerade wenn es um ein erfolgreiches und erfülltes Leben geht.


Fangen wir vorne an: 


Empathie wird oft als DER zentrale Grundstein der emotionalen Intelligenz betrachtet. Denn, Empathie ist eine Schüsselkompetenz um fruchtbare, zwischenmenschliche Begegnungen und Verbindungen zu etablieren.


Empathie ist zusätzlich auch die Grundlage für sogenanntes "Compassionate Leadership", also der Grundhaltung einer Führungsperson, sich mit einem anderen Menschen emotional zu verbinden und aus diesem Verbund heraus, Lösungswege aufzuzeigen.  Lösungswege die von der anderen Person auch angenommen werden. 


Ohne Widerstand.


Es wäre zu kurz gegriffen, die Relevanz die in der Steigerung des eigenen Empathievermögens mit der Begründung zu verkennen, selbst keine disziplinarische Führungsfunktion inne zu haben. 


Denn: Wir alle führen andere Menschen auf die ein- oder andere Weise. Sei es als Vater oder Mutter, als Partner oder Partnerin oder in anderen Rollen, wie bspw. im Rahmen von Vereinsaktivitäten. 


Aber davor führen wir vor allem eine Person. Und die sind wir selbst.


Bedenke: Wer sich nicht selbst führen kann, kann auch andere nicht führen. Die Empathie die Du Dir nicht entgegenbringst, kannst Du auch keinem anderen zu Teil werden lassen.


Empathie ist deshalb so wichtig, dass sie es uns ermöglicht, tiefe und vertrauensvolle Beziehungen zu anderen Menschen aufzubauen und aufrecht zu erhalten.

Und auch wenn die wenigsten Menschen wohl die Bedeutung zwischenmenschlicher Beziehung nicht in Frage stellen würden, möchte ich über dieses Zitat den Impact sozialer Beziehungen auf das was wir Lebensqualität nennen, verdeutlichen: 

"Im Grunde sind es doch die Beziehungen zu Menschen, die dem Leben seinen wahren Wert geben" 
(Wilhelm von Humboldt)

 

Gehen wir kurz in die Details, bevor ich aufzeige, wie sich das eigene Empathievermögen stärken lässt. Und damit die Bindungsintensität und Häufigkeit sozialer Beziehungen. Also die Qualität und Quantität zugleich. 


Empathie lässt sich folgendermaßen beschreiben: 


Empathie ist die Fähigkeit zu spüren und zu verstehen, was Andere fühlen und dabei klar die eigenen Gefühle und Sichtweisen, von denen des Gegenübers, zu unterscheiden. (Definition gemäß Search-Inside-Yourself)


Somit unterscheidet sich Empathie, zumindest von der Definition her, relativ klar von dem, was wir Mitleid nennen. Nämlich durch die gefühlsseitige Abgrenzung. 


Mitleid zu haben, bedeutet den Schmerz eines anderen Menschen auf emotionaler Ebene zu teilen.  


Was hier oft passiert, ist dass wir uns emotional in der Situation des Gegenüber verlieren. Quasi mitgerissen werden in den emotionalen Strudel.


Oftmals mit der Konsequenz, dass wir uns dabei und oft auch im Nachgang nicht gut fühlen, vielleicht sogar ausgelaugt, entkräftigt, traurig oder wütend sind. Je nach Stimmung des Gegenüber.


Wir leiden mit. 


Die Konsequenzen davon können sein, dass wir aus Selbstschutz künftig solche oder ähnliche Situationen vermeiden. (Was dazu führt, dass wir nicht unterstützen können)


Oder wir energetisch so erschöpft, dass uns die Kraft für die eigentlich notwendige Hilfe nicht mehr zur Verfügung steht. 


In neurowissenschaftlichen Experimenten wurde nachgewiesen, dass im Gehirn die gleichen Areale angesprochen werden (Anteriore Insula & der anteriore cinguläre Cortex), wenn wir mit anderen Menschen mitleiden, die ebenfalls aktiviert werden, wenn wir selbst eine leidvolle Erfahrung machen.


Unser Gehirn unterscheidet also nicht, oder nur bedingt zwischen einer tatsächlich selbsterlittenen schmerzhaften Erfahrung und der Erfahrung eines anderen, die wir im Mitleid teilen.


Weitere Studie hierzu: LINK


Interessanterweise ist es aber auch so, dass uns genau dieser Umstand dann zu Gute kommt, wenn wir auf das ursprüngliche Thema, Empathie, zurückkommen.


Unser Gehirn ist darauf ausgelegt, dass wir uns auf emotionaler Ebene mit anderen Menschen verbinden können. Rein biologisch bringen wir also alles dafür mit, uns selbst als hochgradig emphatisch charakterisieren zu können. 


Warum fällt es dennoch manchmal so schwer anderen Menschen unser Mitgefühl oder unsere Empathie entgegenzubringen? 


Hier kommt eine weitere interessante Erkenntnis aus den Bereichen der Neurowissenschaft, zum tragen: 


Der sogenannte "In-Group - Out-Group Effekt". Dieser Effekt besagt, dass wir nahezu null Empathie oder Mitgefühl für andere Menschen aufbringen, die nicht Teil der sozialen Gruppe sind, zu der wir uns selbst zählen.


Ein entspanntes Beispiel wäre in diesem Zusammenhang ein Fan eines konkurrierenden Fussballvereins, weniger entspannte Beispiele hatten wir in den letzten Jahren leider zu Hauf.


Dieses Video zeigt die Studienergebnisse von Eagleman kurz und prägnant: 



Link zum Video.


Diese Erkenntnisse zeigen, dass wir uns selbst so konditionieren können, weniger Empathie für andere Menschen aufzubringen, indem wir sie einer anderen Gruppe zuschreiben. 


Aber ließe sich dieser Effekt auch umdrehen? 


Können wir unser Empathievermögen gegebenenfalls steigern, indem wir die Grenzen und Barrieren, die wir mental aufgebaut haben und die uns von Anderen unterscheiden, abbauen? 


Glücklicherweise ist die Antwort auf diese Frage eine klares: Ja! 


Dies ist möglich, indem wir beginnen in anderen Menschen Ähnlichkeiten wahrzunehmen, die uns mit ihnen verbinden. 


Beispiele könnten sein: 

  • Mein Gegenüber hat einen Vater und eine Mutter, genau wie ich.

  • Mein Gegenüber hat genau wie ich das Bedürfnis nach Liebe und Sicherheit.

  • Mein Gegenüber möchte genauso wie ich frei von Krankheiten und Schmerz sein.

  • Mein Gegenüber hat genau wie ich bereits leidvolle sowie schöne Momente erlebt.

  • Mein Gegenüber ist ein Mensch, genau wie ich ...

 

Insofern es uns gelingt, uns basierend auf diesen Ähnlichkeiten emphatisch mit einer anderen Person zu verbinden, versetzt uns dies gleichzeitig in die Lage, uns "compassionate" mit diesen Menschen zu verbinden und aus dieser Grundhaltung heraus etwas positives zu bewegen.

Compassion ist viel mehr als Mitgefühl. Compassion bedeutet darüber hinaus, dass ich den Wunsch empfinde, dass das Leid der anderen Person beseitigt wird, dass es ihr als Mensch gut geht.


Jeff Weiner, ehemaliger CEO von LinkedIn, sowie einer der beliebtesten Führungskräfte in den USA, spricht in diesem Video über die Herausforderungen, Vorteile und Charakteristika von "Compassionate Leadership": 

Link zum Video.


Ich werde zu einem späteren Zeitpunkt noch tiefer auf die wissenschaftlichen Erkenntnisse darüber schreiben, wie wir unser eigenes Empathievermögen steigern können und somit die Basis für Compassionate Leadership etablieren.


Eine zentrale Technik, die an dieser Stelle angeführt werden sollte, ist die Einnahme einer Perspektive, in der wir die Ähnlichkeiten zwischen uns selbst und der anderen Person erkennen und daraus die Intention zu helfen speisen. (siehe oben) 


Ich schrieb zu Beginn, das Empathie eine Grundbedingung für ein erfolgreiches und erfülltes Leben ist. Lass mich diesen Loop noch für Dich schließen: 


Matthieu Ricard wird als der "glücklichste Mensch der Welt" bezeichnet. Was ihn auszeichnet ist sein ausgeprägtes Mitgefühl für andere Menschen. Seine Intention zu helfen und so zu einer besseren Welt beizutragen. 


Erfolg und Erfüllung gleichzeitig zu haben, bedeutet aus meiner Sicht genau das: Einer Tätigkeit nachzugehen, die Dich selbst erfüllt und sinnhaft ist (Neudeutsch: Purpose hat) und gleichzeitig einen Mehrwert für die Gesellschaft in sich birgt. 


Ohne entsprechendes Empathievermögen und der Fähigkeit Deine Emotionen bewusst zu steuern, wird sich beides nur schwer für den/die Einzelne erschließen lassen. Ohne Empathievermögen, verharren wir im Ego und im Selbstbezug, erobern und horten Trophäe über Trophäe und wundern uns, warum uns die Ziele die wir im Leben erreichen langfristig irgendwie doch nicht glücklicher und zufrieden machen. 

 


ÜBER DEN AUTOR

Autor

Kay Schrader

Kay Schrader ist zertifizierter Trainer für Emotionale Intelligenz, Achtsamkeit und Neurowissenschaft bei der Deutschen Telekom.